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Spalten um zu herrschen -
auch im Kleinem

Ich lese gerade „Wie Faschismus funktioniert“ von Jason Stanley, ein amerikanischer Philosoph und (ehem.) Professor an der Yale Universität, der jetzt nach Kanada umgezogen ist. Sie ahnen, warum. Faschismus, so beschreibt es Jason Stanley, beginne nicht mit Panzern auf den Straßen, sondern mit Sprache. Mit dem „Wir“ und dem „Die“. Mit der schleichenden Normalisierung von Feindbildern. Als Psychiater begegnet mir dieses Prinzip nicht nur in politischen Zusammenhängen, sondern auch in Paarbeziehungen, in Familien, in Teams. Die Dynamik ist ähnlich: Wenn der andere nicht mehr als Mensch, sondern als Projektionsfläche für Bedrohung oder Schuld gesehen wird, beginnt der Zerfall. Faschistoides Denken braucht keine Uniformen – es lebt vom Wunsch nach Einfachheit in einer komplexen Welt. Wer „die anderen“ für alles verantwortlich macht, muss sich nicht mit der eigenen Unsicherheit auseinandersetzen. Doch genau das ist der Kern psychischer Reifung: Ambiguität aushalten, Differenz anerkennen. Im Kleinen wie im Großen. Demokratie beginnt nicht im Parlament, sondern im Dialog – auch mit dem Teil in uns, der lieber urteilen als verstehen will.

DR. CARSTEN WEBER-ISELE

Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Gerontopsychiatrie

www.pazeider-medical-center.com

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